Uns fehlt die Mutter
Sophienlust 239 – Familienroman
Buchbeschreibung
Die Idee der sympathischen, lebensklugen Denise von Schoenecker sucht ihresgleichen. Sophienlust wurde gegründet, das Kinderheim der glücklichen Waisenkinder. Denise formt mit glücklicher Hand aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt.
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Ächzend, als leiste er Schwerstarbeit, wuchtete Henrik von Schoenecker seine Schultasche auf die Bank. »Wenn unsere Lehrer ein Herz hätten, würden sie uns hitzefrei geben.«
»Hitzefrei gibt's erst ab fünfunddreißig Grad im Schatten«, sagte der Bub, der die Schulbank mit Henrik teilte.
»Wir haben mindestens vierzig Grad.« Henrik fuhr sich über die Stirn.
»Noch nicht einmal dreißig«, sagte Helga Köster, die Lehrerin. Sie hatte soeben die Klasse betreten, legte nun einen Stapel Hefte auf das Lehrerpult und ging wieder hinaus. Es hatte ja noch nicht geklingelt.
Als das Klingelzeichen den Unterrichtsbeginn ankündigte, stürmte ein achtjähriges Mädchen völlig atemlos ins Klassenzimmer.
»Dorle, du hast dich verlaufen«, rief Henrik. »Ihr seid nebenan.«
»Ach Gott!« Dorle riss die Tür auf und war im nächsten Moment verschwunden.
Verwundert schüttelte Henrik den Kopf. »Wie die heute ausgesehen hat!«
»So, als ob sie sich nicht gewaschen, nicht gekämmt und nur halb angezogen hätte«, sagte das Mädchen neben Henrik. »Und ganz durcheinander war sie auch.«
»Ja.« Henrik beschloss, in der großen Pause mit Dorle Wittmann zu sprechen. Er kannte auch ihre Schwester gut. Sissy hieß diese, sie war zwei Jahre jünger als Dorle und ging in die erste Klasse.
Der Unterricht dauerte Henrik wieder einmal viel zu lange, weil es so heiß war und weil er wissen wollte, warum Dorle Wittmann so verstört ausgesehen hatte. Ein bisschen komisch war sie schon in den letzten beiden Tagen gewesen, fand er. Ihre Schwester auch. So einsilbig und beinahe traurig waren die beiden gewesen.
Unruhig rutschte Henrik auf der Bank hin und her. Endlich klingelte es und die große Pause begann.