Gestillte Sehnsucht - Begegnung zur Weihnachtszeit
Om bogen
Rilke und Brahms begegnen sich im Advent - gestört von Andersen, Bartok, Brecht, Kafka, Krenek,
TrakI, Walser, Webern unter anderen. Ein nicht immer nur gemütliches Adventsprogramm.
Unter diesem Titel wurde unser Programm zunächst mit der Schauspielerin Dietlinde Turban entwickel
und vielerorts aufgeführt, später mit Peter Fricke und Patrizia Orlando zum ‚anderen Weihnachtsprogramm’
entwickelt.
Den roten Faden des Programms bildet die Begegnung von Rilkes Poesie mit Brahms’ später Musik -
wie sie in den beiden Klarinettensonaten (hier in des Komponisten Fassung für Viola und Klavier) op.120
von 1894 und den berühmten Gesängen für Mezzosopran, Viola und Klavier aus dem Jahre 1884
erscheint. Beider Künstler unorthodoxer, aber gefühlstiefer Umgang mit der christlichen Weihnacht wird
in den Programmphasen I, III, V, VII entfaltet. Dazwischen fahren mit den Teilen II, IV, VI oder schleichen
sich ein jene ,Störungen’, die auf jede kommende ‚Heilige Nacht’ ihre menschlichen Schatten legen und
damit von der Mühe zeugen, die unsere Welt hat, den Stern von Bethlehem friedlich leuchten zu lassen.
Dieser Friede wäre „Gestillte Sehnsucht“ - die Natur kann sie, wie Rilke und Brahms uns ahnen lassen,
in wenigen Momenten noch wahrmachen, aber es sind utopische Momente wie die Krippe zu
Bethlehem: etwas, das nicht mehr ist und noch nicht wieder sein kann. Kunst bewahrt sie als Idyll und
zeigt die ganze Gewalt, mit der menschliches Handeln dieses Idyll bedroht und verdrängt.
Unser Programm ist ein Versuch. Manche Hörer werden sich wundern, dass Musik nicht in den vorgegebenen
Portionen, dem Werkganzen oder ganzen Sätzen geboten wird und Texte ausgeschnitten werden
und verwendet wie Signale. Alles dient dem Versuch, nicht nur sprachlich zu denken, sondern auch
musikalisch, den Gedanken durch beide Medien hindurch zu entwickeln: Sprache und Musik, Musik und
Sprache. Auch das Schweigen hat dabei seine Funktion. Es begegnen sich Klänge aus Wort und Ton,
die den Gedanken über das Wort hinaus tragen in Sphären, damit diese sich zu begegnen vermögen.