Mutterlos - doch nicht allein
Sophienlust 169 – Familienroman
Om bogen
Die Idee der sympathischen, lebensklugen Denise von Schoenecker sucht ihresgleichen. Sophienlust wurde gegründet, das Kinderheim der glücklichen Waisenkinder. Denise formt mit glücklicher Hand aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt.
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Claudine Albert erschrak über die Summe, die der Mann ihr gegenüber nannte. So viel Geld hatte sie nicht. Aber das durfte sie nicht zugeben, sonst würde man die Tante womöglich nicht beerdigen. »Ich … Ich muss die Rechnung doch nicht sofort bezahlen?«, fragte sie.
Ihr Gegenüber blickte von der Rechenmaschine auf. Der Mann sah genauso aus, wie man sich den Angestellten einer Leichenbestattung vorstellt. Mager, grau, ledern, fast geschlechtslos. »Sofort nicht«, sagte er. »Aber innerhalb der nächsten vierzehn Tage.«
Claudine atmete erleichtert auf. »Das werde ich tun. In spätestens vierzehn Tagen bekommen Sie Ihr Geld.« Sie stand schnell auf, steckte die Rechnung ein und verabschiedete sich.
Fast dreitausend, dachte sie, nachdem sie die Tür des Bestattungsunternehmens hinter sich geschlossen hatte. Und ich besitze nicht einmal dreihundert. Verzweifelt grub sie ihre Hände in die tiefen Manteltaschen. Nasse Schneeflocken klatschten ihr ins Gesicht. Auf den Straßen hatte sich der frischgefallene Schnee bereits in braunen Matsch verwandelt. Obwohl es erst kurz vor vier Uhr nachmittags war, brannten schon die Straßenlaternen.
Claudine schlug den Mantelkragen hoch, zog ihre Wollmütze tiefer ins Gesicht und eilte zur Busstation.
Sie hatte Glück. Sie musste nicht lange auf den Omnibus warten. Fröstelnd stieg sie ein und setzte sich auf einen freien Platz am Fenster.
Langsam bahnte sich der Bus seinen Weg durch den abendlichen Verkehr der Kreisstadt Maibach. Am Ortsrand von Wildmoos stieg Claudine aus. Vor einem kleinen Einfamilienhaus mit Garten blieb sie stehen.
»Sie kommt!«
Noch bevor Claudine ihren Schlüssel aus der Tasche holen konnte, wurde die Haustür aufgerissen. Ihr zehnjähriger Halbbruder Daniel, genannt Danny,