Große Sehnsucht nach dem Vater
Sophienlust 276 – Familienroman
Tietoa kirjasta
Die Idee der sympathischen, lebensklugen Denise von Schoenecker sucht ihresgleichen. Sophienlust wurde gegründet, das Kinderheim der glücklichen Waisenkinder. Denise formt mit glücklicher Hand aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt.
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Camilla Mittenbauer starrte ihren Mann an, als würde sie ihn zum ersten Mal sehen. Dabei kannte sie ihn beinahe seit ihrer Geburt, was nun einunddreißig Jahre her war. Seine und ihre Eltern hatten in einem etwas düsteren und pompösen Stuttgarter Altbau Tür an Tür gewohnt, und ihre Kindheit war mit Wolfgangs Dasein untrennbar verknüpft gewesen. Ihre ersten Erinnerungen reichten bis zu dem Tag zurück, als Wolfgang ihren neuen leuchtendgrünen Sandeimer gegen die Raubgelüste eines anderen Jungen verteidigt hatte. Damals war sie selbst knapp zwei Jahre alt gewesen und Wolfgang fünf, der in ihren Augen damals ein ungeheuer mutiger und verlässlicher Held gewesen war. Später waren sie zwar nicht in dieselbe Klasse, aber in die gleiche Schule gegangen. Wolfgang hatte ihr bei den Hausaufgaben geholfen, denn sie war nur eine mittelmäßige Schülerin gewesen. Wolfgang hingegen hatte als Vorzugsschüler brilliert, sodass dem von seinen Eltern erwünschten Medizinstudium nichts im Wege gestanden hatte. Camilla hatte mit wenig Ehrgeiz, aber gutem Erfolg Gesang studiert. Zu ihrer eigenen Verwunderung hatte sie bald ein Engagement an der Oper erhalten. Ihr Freundeskreis hatte sich damit ständig vergrößert, denn sie war hübsch und besaß ein angenehmes Wesen. Doch niemand aus diesem großen Bekanntenkreis hatte ihr auch nur das geringste bedeutet. Für sie hatte immer nur Wolfgang existiert. Noch vor Beendigung seines Studiums hatte sie ihn geheiratet, dann war Sonja zur Welt gekommen. Camilla hatte sich eingebildet, nun vollkommen glücklich zu sein und dieses Glück bis an ihr Lebensende gepachtet zu haben. Acht Jahre lang hatte es auch den Anschein gehabt, als ob sie mit ihrem Optimismus recht behalten würde. Wolfgang hatte sich als Hals-, Nasen-, Ohrenarzt spezialisiert, und genau zum richtigen Zeitpunkt hatte ihn ein Großonkel väterlicherseits gebeten, seine Praxis zu übernehmen, da er sich hatte zurückziehen wollen. Die Praxis hatte sich in Wien befunden, aber Wolfgang hatte diese Chance nicht ausschlagen wollen. Ohne zu murren war Camilla ihm mit Sonja nach Wien gefolgt. Ihm zuliebe hätte sie ohne weiteres auf eine eigene Karriere verzichtet, aber davon hatte ihr Mann nichts hören wollen.