Dies ist die Geschichte einer Frau. Und des Lastwagenfahrers, der sie für eine Hure hielt. Der Leute, die sie übers Meer schmuggelten. Und die des alten Mannes, den sie beraubte. Der Frau, deren Namen sie stahl. Es ist die Geschichte einer Mutter auf der Suche nach ihrem Kind. Sie nennt sich Ines, aber niemand kennt ihren echten Namen, ihren Geburtsort; nur das Ziel ihrer Reise ist bekannt: Berlin. Ob sie Geschwister hat, ob ihre Eltern noch leben, könnte keiner der Menschen sagen, denen die junge Afrikanerin auf ihrem Weg durch die Festung Europa begegnet. Sie erinnern sich, sie erzählen von ihr, der Frau im blauen Mantel, deren Haut hell ist und sommersprossig. Nach und nach, fast nach Art eines Kriminalromans, entfaltet sich ihre Geschichte und mit ihr die Geschichte der Menschen, deren Weg sie gekreuzt hat, die sie beschenkt, benutzt und in ihre eigenen Lebenslügen eingesponnen haben: des Straßenkünstlers, der sich in Ines verliebt, des blinden Mannes, dem sie den Haushalt führt – und schließlich des Kommissars, der bald erkennt: Die Wahrheit hat viele Gesichter.