Von Geisterstädten, doppelten Leben, vergeblichen Lieben
1937 trifft Stalin eine Entscheidung, die es den Feinden schwermachen soll, Wotkinsk, Geburtsort Tschaikowskis und Mittelpunkt der russischen Rüstungsindustrie, zu zerstören. Er läßt die Stadt ein zweites Mal erbauen, 52 Kilometer entfernt von der ersten, mit zweitem Schwanensee, mitsamt zweitem Geburtshaus Tschaikowskis, zweitem Klavier, Bett und zweiten Originalpartituren – nicht aber den riesigen Munitionsfabriken, die nur unter Wotkinsk I liegen. Wotkinsk I war fortan auf keiner Karte mehr zu finden. So ist eine der vielen, ineinander verwobenen Geschichten aus «Die Stadt Ys». Sie handeln von Apparatschiks, Heroen, Idioten, Künstlern, Städten und Grenzen. Sie spielen in Kasachstan, im Ural, an der Kurischen Nehrung, in Vietnam und an der Grenze zum Iran. In diesem literarischen Raum ersteht eine Welt, die seit 1989 versunken ist, aber unauslöschlich im historischen Gedächtnis erhalten bleiben wird: die Welt des sowjetischen Reiches und seiner Satellitenstaaten.
«Der Leser ist nichts Geringerem ausgesetzt als einem Akt der Magie.» (Süddeutsche Zeitung)