Noch war es nicht so weit. Noch traf man sich in Wien und Milla sehnte sich immer mehr nach diesem Mann. Dass sie das offen zeigen konnte, kam daher, dass sich die Zeit geändert hatte. Jetzt waren alle Schranken gefallen. Hatte noch zu Millas Mädchenzeit die Jungfräulichkeit als unbedingt notwendig gegolten, so brüsteten sich jetzt sechzehnjährige Mädchen mit sexuellen Erlebnissen im Gymnasium; je exotischer desto interessanter. Obwohl man erkennen konnte, dass sie lieber Tee statt Schnaps trinken würden, so kippten sie mit Todesverachtung das scharfe Zeug hinunter. Die sexuelle Freiheit wurde verordnet, und dieses Rezept ging auch an der fast fünfzigjährigen Milla nicht vorbei. Sie verlor dabei nichts. Sie musste ja nicht auf „Rouge“ setzen; bei einem vorsichtigen Spiel riskierte sie nichts.